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Gezielte Calcium-Düngung vermindert den Befall mit Bitterfäule beim Apfel

Dass die Qualität von Äpfeln stark von ihrer Calciumversorgung beeinflusst wird, ist im Obstbau schon seit langer Zeit bekannt.
Calcium, das von der Pflanze als zweiwertiges Kation Ca2+ aufgenommen und transportiert wird, spielt in wichtigen Stoffwechselvorgängen der Pflanzenzellen eine entscheidende Rolle:
  • Ca2+-Ionen vernetzen die Phosphat- und Carboxylatgruppen von Proteinen und Phospholipiden und stabilisieren damit die Zellmembranen.

  • In der Zellwand bindet Ca2+ an das Pektin der Mittellamelle und bildet auf diese Weise stabile Quervernetzungen.

  • Das Enzym Polygalacturonase, das Pektine abbaut und damit die Zellwände destabilisiert, wird durch Ca2+ gehemmt.
Bekannte Qualitätsminderungen, die mit Calciummangel in Verbindung gebracht werden, sind z.B. Stippe, Glasigkeit, Schalen- und Fleischbräune des Apfels.
Auch die Anfälligkeit gegen bakterielle Erkrankungen und Pilzbefall steigt, wenn die Calcium-Konzentration in der Frucht zu gering ist.
Aufbauend auf Versuchen aus dem Anbaujahr 2006/2007 wurde im Versuchsjahr 2007/2008 am Kompetenzzentrum in Ahrweiler das Wirkungspotential verschie-dener Calcium-Blattdünger - allein oder auch in Kombination mit dem fungiziden Wirkstoff Captan (800 g/kg) - gegen die Gloeosporium-Fruchtfäule getestet, eine pilzliche Lagerkrankheit des Apfels mit großer wirtschaftlicher Bedeutung.
Versuchsaufbau

Als Versuchssorte diente Pinova. Getestet wurden die 6 Gruppen 
   Gruppe / Behandlung   
1. Kontrolle, unbehandelt   
2. Captan (0,75)   
3. Captan (0,75) + Calciumchlorid-Flocken (2,50)   
4. Captan (0,75) + formuliertes Calciumformiat (3,70)     
5. Calciumchlorid-Flocken (2,50)   
6. formuliertes Calciumformiat (3,70)   
(Zahlen in Klammern = Aufwandmenge in kg bzw. L/ha und m Kronenhöhe)
 
Die eingesetzten Blattdünger enthielten 49,3 % CaO (formuliertes Calciumformiat) bzw. 78,5 % CaO (Calciumchlorid-Flocken), so dass bei jeder Behandlung ca. 1,82 kg bzw. 1,96 kg CaO gedüngt wurden.
An 6 Terminen im Zeitraum Mitte August -Mitte September 2008 wurden die Versuchsgruppen im Abstand von 5 - 10 Tagen (T1 - T6) nach dem folgenden Schema behandelt:
   Gruppe

Behandlungstermine

1. Kontrolle

- keine Behandlung -

2. Captan

T1 - T3

3. Captan + Calciumchlorid-Flocken

T1 - T3

4. Captan + formuliertes Calciumformiat

T1 - T3

5. Calciumchlorid-Flocken

T4 - T6

6. formuliertes Calciumformiat

T4 - T6

Die vorgeschriebene Wartezeit des Wirkstoffs Captan von 21 Tagen machte es erforderlich, für die Gruppen 2, 3 und 4 nur die ersten drei Behandlungstermine im August zu nutzen.
Calciumchlorid und Calciumformiat haben keine Wartezeitverpflichtung und wurden in den Gruppen 5 bzw. 6 - jeweils als einziger Wirkstoff - nur an den letzten drei Terminen im September angewendet.

Die Apfelernte erfolgte am 21.10.2007 (BBCH 87). Bonitiert wurden die geernteten Äpfel am 12.03.2008 und am 09.04.2008.
Ergebnisse

Die Fruchtanalysen zeigten einen Einfluß der Bindungsform des Calciums in den verwendeten Blattdüngern auf die Calciumkonzentration der Früchte. Calcium aus formuliertem Calciumformiat (Gruppen 4 + 6) war nach diesen Analysen besser für die Früchte verfügbar als in Chloridform (Gruppen 3 + 5), obwohl diese Gruppen sogar etwas mehr Calcium an jedem der drei Behandlungstermine erhalten hatten.
Versuch zur Bekämpfung von Gloeosporium an Pinova 2007-2008: mg Ca/100 g FM   
An beiden Boniturterminen konnte darüber hinaus ein direkter Zusammenhang festgestellt werden zwischen der Calciumkonzentration der Äpfel und dem Befall mit Gloesporium: Je höher die analysierte Calciumkonzentration, umso niedriger die Anfälligkeit gegen Gloeosporium-Fruchtfäule.
Versuch zur Bekämpfung von Gloeosporium an Pinova 2007-2008: Befall 1./2. Bonitur   
Der direkte Vergleich der allein verabreichten Calciumdünger mit den Dünger-Fungizid-Kombinationen zeigte, dass mit der formulierten Calciumformiat-Variante (Gruppe 6), allein verabreicht, vergleichbare Boniturergebnisse erzielt werden konnten wie mit der Calciumformiat-Captan-Variante (Gruppe 4). Calciumchlorid, allein verabreicht (Gruppe 5), konnte diese Wirkung nicht erreichen, hier lag der Befall am ersten Boniturtermin und in der Gesamtbetrachtung sogar höher als in der unbehandelten Kontrollgruppe.
Schlußfolgerungen 

Aus den Ergebnissen dieser Versuchsanstellung lassen sich die folgenden Schlussfolgerungen ziehen:  
  • Calcium-Blattdünger erhöhen auch bei später Anwendung die Calcium-Konzentration der behandelten Äpfel.

  • Äpfel mit höherer Calciumkonzentration sind eher in der Lage, das Eindringen von Schaderregern (hier der Erreger der Gloeosporium-Fruchtfäule) in die Frucht abzuwehren oder auch die Schadwirkung nach dem Eindringen in die Frucht auf niedrigerem Niveau zu halten.

  • Ohne den genauen Wirkungsmechanismus in diesem Versuch geprüft zu haben, kann die Stabilisierung der Zellmembranen durch Ca2+-Ionen als physiologischer Hintergrund angenommen werden.

  • Bezogen auf den Bitterfäule-Befall der gelagerten Äpfel ist festzustellen, dass durch Blattdüngung mit formuliertem Calciumformiat (Anteil von Calciumformiat am Produkt mindestens 70 %) vergleichbar positive Ergebnisse erreicht werden können wie mit Fungiziden - mit dem positiven Nebeneffekt, dass nach Calcium-Blattdüngung keine Wartezeit einzuhalten ist. Die Düngung ist auch noch bis kurz vor der Ernte möglich.

  • Bei Alleinverabreichung der Standardvariante Calciumchlorid-Flocken sind solche erwünschten Ergebnisse nicht zu sehen.
Den vollständigen Versuchsbericht finden Sie in der Monatsschrift - Magazin für den Gartenbau-Profi (Ausgabe 08/08).